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Die Saison 2019 ist in vollem Gange und ich komme nicht umhin mich auch einmal mit einem Moto GP-Fahrer zu beschäftigen, dem ich nicht immer positiv gegenüberstehe. Der Spanier Marc Marquez ist in dem folgenden Bericht Gegenstand meiner Betrachtung.

Was soll ich sagen? Man kann zu dem durchtrainierten Spanier stehen wie man will, abschließend muss man sich eingestehen, dass er fahrerisch ein Phänomen ist. Das ist faktisch unbestritten und dafür ist ihm höchster Respekt zu zollen.

Menschlich gesehen und im Hinblick auf die sportliche Fairness habe ich das ein oder andere Problem mit Marc Marquez. Zu häufig geht er mir ein zu hohes Risiko ein und gefährdet damit nicht nur sich selbst, was man noch tolerieren könnte, sondern auch die Gesundheit seiner Konkurrenten.

Aber widmen wir uns zunächst der wirklich sagenhaften Karriere von Marc Marquez.

Bereits mit sechs Jahren begann der kleine Spanier seine rennsportliche Karriere. Wie viele andere auch zunächst im Bereich Motocross und Minibike. In der spanischen Meisterschaft der 125 ccm Klasse wurde dann der umtriebiege spanische Talentscout und Ex-Grand-Prixfahrer Alberto Puig auf Marquez aufmerksam. So kam er, gemeinsam mit Landsmann Esteve „Tito“ Rabat, im Repsol-KTM-Team in der Motorrad-WM unter. Diese erste Saison 2008 war aber zunächst geprägt von Verletzungen und so sprang letztendlich lediglich Platz 13 in der Gesamtabrechnung heraus.

Die zweite Saison lief dann mit neun Top-Tenplätzen, verbunden mit dem ersten Podest (3. Platz) in Jerez schon merklich besser und war abschließend für Platz acht in der Gesamtwertung 2009 gut. In der Saison 2010 hieß sein Teampartner dann Sandro Cortese und sein Saisonstart in Katar war mit Platz drei bereits vielversprechend. Am Ende dieser Saison wurde er mit zehn Siegen und zwei dritten Plätzen Weltmeister in der 125 ccm-Klasse. Mit 17 Jahren und 163 Tagen war er damit zweitjüngster Weltmeister. Lediglich Loris „Capirex“ Capirossi war bei seinem Titel noch jünger.

Als logische Konsequenz folgte 2011 der Aufstieg in die Moto 2-Klasse. Hier startete Marc Marquez auf einer Suter des Catalunya Caixa Repsol-Teams. In dieser Saison ließ Marc Marquez dann bereits das fahrerische Können und die Durchsetzungskraft erkennen, die ihn später in der Moto GP auszeichnen sollte. Nach drei Nullern zu Saisonbeginn und einem Rückstand von 82 Punkten auf Stefan Bradl nach dem sechsten WM-Lauf, ließ er eine sehenswerte und atemberaubende Siegesserie folgen. Sieben Rennsiege, 3 x Platz 2 und 1 x Platz 3 katapultierten den Spanier auf Augenhöhe mit Bradl. Verletzungsbedingt konnte Marc Marquez dann bei den letzten beiden Rennen in Sepang und Valencia nicht starten und verlor, denkbar knapp, den Moto 2-Titel an Stefan Bradl.

Marc Marquez ist lernfähig. Das Dumme für seine Konkurrenz ist, dass er schnell lernfähig ist. Fehler passieren ihm selten zweimal und so dominierte er in einer erschreckenden Form die Moto 2-Klasse in der darauffolgenden Saison 2012. Am Ende der Saison lagen 56 Punkte zwischen ihm und dem Zweitplatzierten Pol Espargaro. Neun Rennsiege, 2 x Platz 2 und 3 x Platz 3 sind aussagekräftig für seine Dominanz.

Die eigentliche und unglaubliche Erfolgstory Marc Marquez beginnt aber eigentlich erst jetzt. Die eigentliche Absprache, dass ein Rookie in der Moto GP nicht sofort in ein Werksteam wechseln kann wird von Honda Repsol pulverisiert. Honda hat ein Problem, denn IHR Weltmeister von 2011 Casey Stoner hat keine Lust mehr auf Motorradrennen und verabschiedet sich in den Vorruhestand. Adäquater Ersatz muss her und den glaubt man in Marc Marquez gefunden zu haben.

Und irgendwie scheinen die verantwortlichen Herrn bei Honda Recht zu behalten. Beim Auftaktrennen in die Saison 2013 wird Marc Marquez in Katar direkt Dritter, hinter so bekannten Größen wie Jorge Lorenzo (Platz 1) und Valentino Rossi (Platz 2). Beim nächsten Rennen in Austin (Texas) schnappt er sich direkt den ersten Rekord, nämlich jüngster Moto-GP-Sieger aller Zeiten. Im weiteren Saisonverlauf sammelt er fleißig weitere Podestplätze und die Etablierten stellen nun fest: Wir haben ein Problem! Und das Problem hat sogar einen Namen – Marc Marquez!

In seinem Debütjahr wird der Spanier Weltmeister. Mit 20 Jahren und 266 Tagen der jüngste Weltmeister aller Zeiten in der Königsklasse und der erste Rookie seit 1978 der zum Weltmeisterehren gekommen ist. Sechs Siege, sechs zweite und vier dritte Plätze im Saisonverlauf sprechen bereits Bände über die Konstanz die der junge Spanier an den Tag legt.

In der Saison 2014 macht sich Marc Marquez dann an seine Titelverteidigung. Die lief in einer Form ab, dass man sich um den Spannungsbogen der Moto GP ernsthaft Sorgen machen musste. Die ersten zehn Rennen sahen nur einen Sieger und der hieß Marc Marquez. Die Dominanz war derart erdrückend, dass man befürchten musste bis zum Saisonende keinen anderen Sieger mehr zu sehen. Zum Glück war dies nicht der Fall, aber mit abschließend dreizehn Saisonsiegen überbot er den bisherigen Rekord von Michael Doohan aus dem Jahr 1997. So ganz nebenbei pulverisierte Marc Marquez auch noch den Uraltrekord von Mike „the Bike“ Hailwood als jüngstem Fahrer dem zwei Titel in Folge gelungen sind.

Irgendwie hatte man dann zu Saisonbeginn 2015 gewisse Befürchtungen wie bei der Fußballbundesliga, wenn bereits zu Saisonbeginn feststeht, dass dieser Verein aus Deutschlands Süden wieder deutscher Meister wird. Wer sollte Marc Marquez schlagen?

Aber diesmal sollte die Saison anders verlaufen. Die aktuelle Honda gab dem spanischen Wunderkind Rätsel auf. Erst als Marquez bei der Dutch TT in Assen wieder mit dem Chassis des Vorjahres ausrückte fand er zur alten Stärke zurück. Zu diesem Zeitpunkt spielten aber bereits zwei andere Protagonisten die Hauptrolle um die Titelvergabe 2015. Valentino Rossi und Jorge Lorenzo lieferten sich einen sehenswerten Kampf um den Moto GP-Titel 2015. Leider spielte Marc Marquez in diesem Drama eine unrühmliche Nebenrolle. Aber dahingehend habe ich bereits meinem Herzen Luft gemacht und so schweige ich an dieser Stelle still.

https://flyinghaggis.net/2015/11/13/moto-gp-oder-der-weltmeister-der-herzen/

Entsprechend motiviert trat Marc Marquez dann 2016 erneut an, um die Scharte vom Vorjahr auszuwetzen. Und das tat er in souveräner Manier. Überhaupt muss man neidlos anerkennen: Marc Marquez ist nicht wegen der Werkshonda siegfähig sondern trotz der Honda. Keinem anderen Fahrer im Feld gelingt es derart diese Maschine am Limit und oftmals auch darüber zu bewegen. Bereits drei Rennen vor Saisonende gelang es Marc Marquez mit einem Sieg beim Großen Preis von Japan, also vor den Augen der Konzernchefs, seinen dritten WM-Titel in der vierten Moto-GP-Saison klar zu machen.

Im Jahr 2017 sollte Marc Marquez einen neuen Gegner erhalten. Einen Gegner der ihm auf manchen Strecken ebenbürtig war und der auch in der Lage war ihn im direkten Zweikampf zu besiegen. Andrea Dovizioso machte Marc Marquez in der Saison 2017 das Leben schwer. Bis zum letzten Saisonrennen in Valencia war es noch rechnerisch möglich, dass der Weltmeister vielleicht doch Andrea Dovizioso heißt. Ein dritter Platz von Marc Marquez beim abschließenden Rennen machte aber dann den vierten WM-Titel klar.

In der zurückliegenden Saison 2018 erwarteten dann alle Rennfans die Fortsetzung des Zweikampfes Marquez / Dovizioso. Einige „Nuller“ zu viel in der ersten Saisonhälfte ließen dann aber den Rückstand des schnellen Italieners zu stark ansteigen, als dass noch so etwas wie Spannung hätte aufkommen können. Völlig unangefochten war wieder ein WM-Titel für Marc Marquez die Folge. Neun Saisonsiege, vier zweite und ein dritter Platz sprechen wiederum Bände über die Konstanz des kleinen Spaniers.

Mittlerweile hat Marc Marquez über siebzig Grand-Prix-Siege angehäuft und gehört zu recht zu den Großen der Zunft. Er ist sicherlich der Fahrer schlechthin, der in der Lage ist in schier ausweglose Situationen einen „sicheren Sturz“ noch abzuwenden. Es gibt keinen anderen Fahrer, der diese Manöver derart in der Praxis umsetzen kann und der Schwerkraft ein ums andere Mal ein Schnippchen schlägt.

Und doch habe ich ein menschliches Problem mit Marc Marquez. Er ist mir oftmals zu rücksichtslos was den Umgang mit seinen Kollegen angeht. Für mich wählt er zu häufig ein nicht mehr kalkulierbares Risiko bei seinen Fahrmanövern, insbesondere beim Überholen, welches dann häufig zu Lasten seiner Konkurrenten geht. Bei Geschwindigkeiten um die 300 km/h riskiert man damit zumindest die Gesundheit der Beteiligten. Wenn er diese Kamikazeaktionen noch abstellen würde, dann wäre er wahrscheinlich der Sympathieträger schlechthin in der Moto GP.

https://flyinghaggis.net/2018/04/09/wer-keine-hitze-vertraegt-hat-in-der-kueche-nichts-verloren/

Faktisch ändert das aber gar nichts an meiner abschließenden Bewertung. Wer beabsichtigt in den nächsten Jahren Moto GP-Weltmeister zu werden, der muss zunächst einmal Marc Marquez schlagen. Oder Marquez muss sich selbst schlagen, wie in der laufenden Saison beim US-Grand-Prix COTA, den er quasi als Sieger abonniert hatte. Schauen wir mal ob er in diesem Jahr seinen neun klassenübergreifenden Siegen am Sachsenring einen weiteren Sieg hinzufügen kann. Oder sehen wir womöglich eine Wiederholung des Rennens in den Vereinigten Staaten? Dann könnte diese Saison wieder einen ähnlich spannenden Verlauf nehmen wie 2017, mit einer Entscheidung im letzten Saisonrennen. Lassen wir einfach den Besseren gewinnen. Ich bin schon gespannt.