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Ganz oft habe ich den Begriff schon gehört. Sei es an Stammtischen oder in Foren und Plattformen. Da ist dann die Rede von: Das ist meine Hausstrecke.
Was genau ist das denn und habe ich so etwas auch? Nicht das ich in meiner schier grenzenlosen Naivität wieder einen Trend verpasse und mein Gegenüber direkt bemerkt, dass er es hier mit einem fleischgewordenen Anachronismus zu tun hat. Schließlich hatte ich vor Jahren auch einmal versucht einen Zusammenhang zwischen einem I-Pod und der Osterzeit herzustellen. Peinlich. Aber egal – ich komme mit mir seit Jahren gut klar und alles was nicht unmittelbar mit meinem körperlichen oder geistigen Wohlbefinden zu tun hat stufe ich als belanglos ein.
Wo sind wir nochmal stehen geblieben? Ach ja – Hausstrecke.
Also ich habe mich noch nie an einem Abend oder an einem freien Tag mit dem Motorrad auf den Weg gemacht in dem Gedanken: Ich fahre jetzt meine Hausstrecke.
Aber vielleicht ist das auch nur ein anderer Begriff für etwas, das man ganz intuitiv eben macht, wenn man ohne Ziel und ohne Plan einfach ein paar Kilometer unter die Räder nimmt und dann natürlich die Strecke wählt, die man gerne fährt. Sei es wegen der Kurven oder der Landschaft oder wegen der Schnittmenge aus vielen dieser positiven Gründe. Also Routen auf denen man sich wohl fühlt, Glück verspürt oder einfach nur mit sich und seiner Welt im Reinen ist.
Oh Mann – da habe ich ja eine wahnsinnig große Sammlung an Hausstrecken. Direkt vor der Haustür (also noch Haustür) und auch ziemlich weit entfernt. Routen, die einem derart in Erinnerung geblieben sind, dass man ganz klar weiß: Kommst Du hier nochmals hin, dann fährst Du die Strecke wieder. Einfach klasse!
So nehme ich für mein Leben gerne „zum Einrollen“ die L 149 von Waldrach nach Thomm. Erfahrene Anderstourenleser werden es wissen.

Genau wie die K 82 direkt im Anschluss von Thomm nach Fell. Die alte Bergrennstrecke, die auch schon zu Europameisterschaftsehren gekommen ist.

Dann sind es nur ein paar Kilometer bis zur K 85, die uns in Richtung Mehring bringt.

Ganze Bände könnte ich noch füllen, wie z. B. mit der L 29 von Salm nach Gerolstein oder der K 77 von Salm nach Birresborn.

Und wenn wir schon einmal hier sind nehmen wir doch gleich die L 16 von Mürlenbach nach Schönecken.

Apropos mit der Welt im Reinen und Glücksgefühle. Wenn ihr einmal in der Toskana unterwegs seid, dann sucht nach der SR 429 von Poggibonsi nach Castellina in Chianti. Knapp unter 20 km und sie sind so, dass Du den ganzen Tag damit verbringen könntest immer hin- und wieder zurückzufahren. Der Asphaltgewordene Motorradtraum.

Der Rabanalpaß in Spanien auf dem Weg zum Cruz de Ferro – wunderschön.

Die knapp 20 km von Ramsey zum Ortseingang von Douglas auf der TT-Strecke der IoM. Vorbei an so klingenden Streckenabschnitten wie Gooseneck, Guthrie`s Memorial, Bungalow oder Creg ny Baa. Immer mit dem Gefühl im Kopf auf „geweihtem Boden“ unterwegs zu sein, wo bereits Hailwood, die Dunlops und Flying Haggis „Hizzy“ Hislop im Renntempo entlang geschossen sind.

Und jetzt bin ich in Gedanken noch gar nicht in meinem geliebten Südtirol gewesen. Hier ist das Herz und der Kopf derart voll mit wunderschönen Strecken, dass ich tagelang schreiben könnte.
Nein – ich glaube ich habe keine Haus- oder Heimstrecke. Bei mir sind es wohl eher Herzstrecken. Und von denen habe ich mehr als genug. Ich hoffe ihr auch!
