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Im letzten Jahr hatte ich Euch bereits eine kleine Zusammenfassung zu unserem persönlichen „Auswanderabenteuer“, welches wir eigentlich gar nicht so als „Auswandern“ empfinden, gegeben.
Wir sind jetzt zwei Jahre dort wo unser Herz schon seit Jahren zu Hause ist und das ist gut so. Wie heißt nochmal der berühmte Spruch? Zuhause ist dort wo nicht nur der Schlüssel passt.
So das war es jetzt mit dem kurzen sentimentalen Ausflug. Schließlich ist dies hier ein Motorradblog und der geneigte Leser oder die Leserin möchte etwas erfahren, was im alltäglichen Motorradleben hier in Norditalien weiterhilft. Ja – richtig gehört: Norditalien. Denn wir werden uns gleich nicht nur in Südtirol bewegen, sondern auch im Trentino, Belluno, Veneto und sogar in der Schweiz.
Direkter Hinweis an die Ja-Aber-Fraktion: Die folgende Auflistung stellt lediglich meine (aktuelle) Meinung dar, denn ich hege weder irgendwelche „Allmachtsfantasien“ noch habe ich einen „Unfehlbarkeitsanspruch“. Insofern liegt ihr richtig, wenn ihr daraus interpretiert, dass ich weder Mitglied der „Grünen“ bin, noch zu deren Wählern zähle.
Wer den ersten Teil von „Angekommen“ im zurückliegenden Jahr gelesen hat, der weiß sicherlich noch, dass sich auf unserem Platz 1 der Lieblingspässe der Gavia befunden hat.

Daran hat sich auch in diesem Jahr nichts geändert. Der Gavia, im Nationalpark Stilfserjoch gelegen, ist mit seiner Passhöhe von 2.652 m wirklich unser Liebling und immer wieder eine Runde wert.

Die Historie des Gavia ist, wie fast überall in den italienischen Alpen, natürlich belastet aber die Ausblicke sind egal aus welcher Richtung wir den Pass in Angriff nehmen gigantisch.
Der Gavia verbindet die Provinz Sondrio, ausgehend von Bormio im Norden, mit der Provinz Brescia und damit Ponte di Legno im Val die Sole, im Süden.

Zwischen den beiden Gipfeln des Corno dei Tre Signori (3.360 m) und des Monte Gavia (3.223 m) fährt man im Grunde genommen permanent staunend mit offenem Mund hindurch. Die schmale Streckenführung, insbesondere auf der Südrampe abwärts ins Val di Sole, ist nichts für Raser. Hier steht der Genuss der Landschaft und der Ausblick im Vordergrund.

Apropos Genuss. Wer einkehren möchte, der sollte dies nicht auf der Passhöhe tun, sondern das Rifugio Berni, unmittelbar am Denkmal der Alpini, aufsuchen. Klein, gemütlich und regionale Küche. Einfach fein.

Wie war das noch? Man kann auf seinem Standpunkt bestehen, sollte aber nicht darauf sitzen. Nach diesem Lebensmotto hat sich unser Platz 2 vom letzten Jahr verändert. Wir landen nämlich jetzt im Trentino am Passo Rolle, welcher Platz 2 auf unserem Podest erreicht hat.

1.970 m hoch liegt der Rolle und ist einer der ältesten Straßenpässe in den Dolomiten. Oftmals schon Anlaufpunkt des Giro d`Italia verbindet der Passo Rolle das Langlauf-Ski-Mekka Val di Fiemme mit dem Valle Cismon, einem der südlichsten Dolomitentäler. Eine Tour zum Schwärmen mit Ausblicken zum Träumen. Einfach schön und dabei nicht überlaufen. In und aus beiden Fahrtrichtungen ein Genuss und alle paar hundert Meter ein neues Fotomotiv.


Apropos nicht überlaufen. Das bringt uns zum diesjährigen Platz 3 – dem Passo Brocon. Mit seinen 1.615 m Passhöhe ist der Brocon kein Riese in den Alpen und wird wohl deshalb von der „Meute der Urlauber“ eher vernachlässigt. Gut für uns, denn der Brocon ist ein asphaltgewordener Traum für jeden, der auf zwei Rädern unterwegs ist.

Eine wunderbare Streckenführung. Nie fordernd, aber permanent schwungvoll geht es in beide möglichen Fahrtrichtungen bergauf oder bergab. Als ob ein versierter Trainer der alpinen Skifahrer für sein Team einen Riesenslalomkurs gesteckt hat, der alle Techniken schulen soll. Wäre der Brocon näher an unserer heimatlichen Wohnung, ich würde ihn jeden Tag zur Eröffnung oder am Ende einer Tour fahren. Den Radprofis geht es wohl ähnlich. Beim Giro d`Italia 2024 haben sie den Brocon zweimal in einer Etappe eingebunden.

Jetzt sagen wahrscheinlich viele: Okay – das Podest ist mit seinen drei Plätzen bestückt. Was soll jetzt noch kommen? Antwort: Eigentlich nur Gutes, denn die folgenden drei Namen könnten ebenfalls die Medaillenplätze erhalten, denn sie sind einfach eine Klasse für sich. Nutzt man hier eine Metapher, so trennen die Plätze 3 bis 6, wie beim Rennrodeln der Profis, nur Tausendstel und somit sind die Unterschiede eigentlich nicht wahrnehmbar.
Da haben wir auf dem Platz 4 den Manghenpass. Er verbindet das Valsugana mit dem Fleimstal und ist somit für die italienischen Motorradfahrer aus dem Süden, sprich Trento bis Gardasee, die „Einflugschneise“ Richtung der Dolomitenpässe.


Die Südrampe aus dem Valsugana vergleichen viele mit dem Passo Giau. Die Nordrampe aus dem Fleimstal aufwärts führt uns zunächst durch ein Waldgebiet bergan bis zur traumhaften Manghenhütte, die man unbedingt zur Einkehr nutzen sollte. Hausgemachte Polenta ein Gedicht.


So ändern sich die Zeiten und die Bewertungen. Im zurückliegenden Jahr hatte ich den Albula im Engadin noch auf Platz 2 meiner internen Hitliste. Definitiv hat er überhaupt nichts von seiner Qualität und seinem Charme verloren.


Aber einige andere der Alpenpässe haben eben zwischenzeitlich mein Herz erobert und so steht der Albula mit all seinen Vorzügen, der traumhaften Streckenführung und der Ruhe die er ausstrahlt nur noch auf Platz 5.

Die Ausblicke hinauf zum Albula, egal aus welcher Fahrtrichtung, sind immer noch herrlich und ohne kitschig zu sein vermitteln selbst gewisse „Schweiz-Klischees“ wie Alphornbläser oder Eisenbahn einfach ein wohltuendes Gefühl auf der Tour. Verbunden mit einem breiten Grinsen im Gesicht.

Nr. 6 der Pässe, den ich euch unbedingt noch näher bringen möchte ist der Passo Valles. Wir sind also schon im Grenzbereich der Regionen Trentino und Belluno respektive Venetien.


Auch der Passo Valles hatte schon einmal Besuch von den Profiradfahrern des Giro d`Italia. Die Passhöhe mit dem Ausblick auf die Almweiden und die benachbarten Berggipfel, dazu noch die kleine Bergkapelle im Hintergrund, wären als Motiv für ein Werbeprospekt der Region prädestiniert. Ein Platz zum träumen und genießen. Wie für eine Tour gemacht.


Übrigens lässt er sich auch sehr gut mit einigen der oberen Protagonisten wie Rolle oder Brocon verbinden. Also auf geht es Leute.

Das war es jetzt mit „Angekommen Teil II“. Mal sehen was Ende der Saison 2025 hinzukommt und wie sich die Hitliste dann verändert. Eines ist dabei aber gewiss. Es werden keine Orte sein auf denen es zugeht wie am Münchener Oktoberfest oder der Drosselgasse in Rüdesheim. Denn: Ruhe zieht das Leben an, die Unruhe verscheucht es. Und wir leben jeden Tag aus vollem Herzen.
