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Eigentlich hat sich doch unsere Wahrnehmung in der Öffentlichkeit über die Jahre zum Positiven gewandelt. Damit meine ich wie WIR, als Fahrer/-in unserer Maschinen, in der „nichtmotorradfahrenden“ Welt wahrgenommen werden. Insbesondere Reiseanbieter, sowie Hotel- und Gaststättenbetreiber haben festgestellt, dass HIER solvente Kundschaft unterwegs ist und keine marodierenden Herumtreiber die ihre Umgebung in Schutt und Asche legen.
Der ein oder andere „Ausreißer“ der an seinen lieb gewonnenen Vorurteilen einfach festhalten möchte ist aber immer noch auszumachen. Dies dann oftmals auf eine derart einfältige Art und Weise, dass es einem das Wasser in die Augen treibt. Leider nicht vor Lachen ob dieser grenzenlosen Naivität.
So begab es sich, dass Flying Haggis, erkennbar als Motorradfahrer und frevelhafter Weise mit einem kleinen Rucksack auf dem Rücken, den Baumarkt seines Vertrauens aufsuchte, um einige Kleinartikel käuflich zu erwerben. Vor mir an der Kasse waren bereits zwei Pärchen in der Warteschleife, wobei der jeweils weibliche Part Handtaschen mit sich führten deren Volumen einem Motorradfahrer zur Unterbringung seiner Utensilien für einen ausgedehnten Wochenendtrip ausgereicht hätten. Jetzt folgte zunächst der „übliche Ablauf“ an der Kasse mit dem kundenfreundlichen Geschwafel ……waren Sie mit ihrem Einkauf zufrieden und beehren Sie uns bald wieder…….blablabla und trallalla……. Nun war der Schreiber dieser Zeilen an der Reihe, der vorab ordnungsgemäß seine Artikel auf das Warenband gelegt hatte.
„Kann ich einmal in ihren Rucksack sehen?“
„Es will sich mir jetzt nicht so richtig erschließen WARUM Sie das möchten?“
Diese Antwort war zugegebenermaßen geheuchelt, weil mir sonnenklar war aus welchem Grund „Miss Marple“ einen Blick in meinen Rucksack werfen wollte. Sie war dem Verbrechen auf der Spur und der Typ in der Lederkombi passte in ihr Feindbild.
„Ja, ich möchte einfach in ihren Rucksack sehen! Wir sind von unserer Geschäftsführung angehalten das sporadisch zu machen!“
„Wenn Sie gerne wissen möchten, was in meinem Rucksack ist, dann rufen Sie die Polizei! Die darf hineinsehen, Sie definitiv nicht! Ich warte dann hier.“
Leicht provozierend schob ich noch ein …ich hab` Zeit… hinterher. Miss Marple wurde jetzt unruhig. Irgendwie hatte Sie sich das Überführen eines Ladendiebs etwas einfacher vorgestellt. Die nächsthöhere Instanz anzurufen erschien ihr jetzt als gute Handlungsalternative. Gesagt getan und dann wurde ich zum „Infostand“ gebeten. Die nächste „Dame“ harrte hier bereits meiner Ankunft und es folgte ein sichtlich nervös vorgetragener Erklärungsversuch.
„Ja, wir haben hier eine Anweisung der Geschäftsführung stichpunktartig solche Kontrollen durchzuführen. NATÜRLICH nur wenn der Kunde damit einverstanden ist!“
„Wenn Sie DAS stichpunktartig machen, dann erfolgt diese stichpunktartige Kontrolle sicherlich auch nur bei derartigen Kunden, bei denen ein Ladendiebstahl naheliegt oder ihrerseits vermutet wird? Also scheinen bei Ihnen hier hauptsächlich nur Motorradfahrer zu klauen, denn vor mir haben zwei Damen mit sehr großen Einkaufstaschen die Kasse unbehelligt passieren dürfen?“
Jetzt ist die Dame komplett aus ihrem antrainierten Konzept. Gut daran zu erkennen, dass ihre Hautfarbe in unterschiedlichen Farben changierte und ihr Gesicht eine wunderbare Palette von unterschiedlichen Rottönen wiederspiegelte.
„Ähhh, nein. Das war sicherlich nur Zufall. Ich ziehe Ihnen jetzt ihre Artikel ab und dann können Sie gerne gehen!“
Gegangen bin ich dann, aber OHNE zu bezahlen! NEIN, ich habe die Artikel nicht abschließend gestohlen. Der Dame hatte ich lediglich mitgeteilt, dass ich nicht in einem Geschäft kaufe, dass mir einen Diebstahl unterstellt, nur weil ich in Motorradkluft an der Kasse stehe. Die Artikel ließ ich auf dem Tresen liegen. Als Tipp für „ihre [so oft zitierte] Geschäftsleitung“ gab ich ihr noch auf den Weg entsprechende Schränke aufzubauen, wo man Taschen und Rucksäcke für den Kauf deponieren kann. Dies würde dann abschließend die Verdächtigung von unbescholtener Kundschaft entbehrlich machen, wenn man auf die „verbindliche“ Aufbewahrung dieser Behältnisse hinweist.
Aber Motorradfahrer klauen nicht nur in Baumärkten! Prädestiniert sind WIR auch für Tankstellenüberfälle!
Der „konvertierte Klapphelmträger“ Flying Haggis betritt nach zügigem Tankvorgang die Tankstelle und trabt zur Kasse. Klappe weit aufgerissen, also die vom Helm und Geldbörse, nebst Kreditkarte, bereits in Händen. Nur zwei Kunden vor mir bin ich zügig an der Reihe und schmettere schon mein ….Guten Tag. Säule 2. Euro Super 18 Liter…. der Kassiererin entgegen.
Phonetisch jetzt nicht zu verwechseln mit … Das ist ein Überfall. Geld her und zwar ALLES….
„Beim nächsten Mal ziehen Sie dieses Ding da (Helm) ab. Wir sind schon einmal überfallen worden!“
„Stand DER beim letzten Mal auch mit Portemonnaie und Kreditkarte in der Hand an der Kasse und hat seine Säulen-Nr. angegeben?“
Jetzt bekommt die traumatisierte Kassiererin auch noch Unterstützung von ihrer kreischenden „Backfee“, die bis dato nebenan die Brötchen sortiert hatte.
„Genau, wir sind überfallen worden! Und diese komische Blende (Sonnenblende) haben sie auch erst eben aufgemacht!“
Der Täter wurde sicherlich von der Polizei im unmittelbaren Anschluss an die Tat festgenommen. Bei dem unweigerlichen Tinnitus konnte der Räuber mit den Störungen im Gleichgewichtsinn nicht mehr weit gekommen sein.
„Der Fahrer eines Porsche Cabrio mit Baseballmütze und Sonnenbrille, muss der auch Mütze und Brille bei Ihnen ausziehen ODER reicht bei dem eine Front- und Profilaufnahme?“
Der Kunde hinter mir bricht in Gelächter aus und sagt nur „Da haben Sie mal recht“. Die beiden Damen starren mich mit offenen Mündern an und Flying Haggis genießt die Stille.
DEUTSCHLAND deine Vorurteile! Sollen wir Sie jetzt pflegen ODER langsam daran gehen Sie zu entsorgen? Was sagt unser Internet? Vorurteil ist ein vorab wertendes Urteil, welches eine Handlung leitet. Eine meist wenig reflektierte Meinung ohne verstandesgemäße Würdigung aller relevanten Eigenschaften des Sachverhaltes ODER einer Person.
Vielleicht passt mein Gesicht doch nicht auf jeden Steckbrief!
Vielleicht liegt es einfach daran, das sich manche Leute ihre kleine Welt und ihr Universum gerne derart zurechtlegen, dass SIE ohne viel nachdenken durch ihr Leben „stolpern“ können.
Du bist böse, Flying Haggis!
Wie sehen eure Erfahrungen mit Vorurteilen gegenüber Motorradfahrern/-innen aus?