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ja – das auch im üblichen Sinne der Verwendung des Wortes. Laut Fazit einer Studie der BAST (Bundesanstalt für Straßenwesen) vom 01.12.2020 handelt es sich bei uns, also uns Motorradfahrern*innen um eine äußerst heterogene Nutzerstruktur. Demnach bin ich also auch in diesem Fall heterogen.

Gehen wir einmal von dem Wortstamm aus, dann ist heterogen etwas, das aus etwas Uneinheitlichem oder Andersartigen zusammengesetzt ist. Das passt bei mir. Ich bin ein großes Puzzle aus einer Unmenge von Teilen mit Ecken und Kanten, die aber am Ende doch ein Ganzes ergeben. Und für mein Gefühl funktioniert dieses Ganze auch ganz ordentlich. Ich denke, eine große Menge von euch findet sich da auf irgendeine Art und Weise wieder. Das Gegenteil von heterogen ist homogen und das ist gleichbedeutend mit Gleichartigkeit und steht auch in Verbindung mit Konformität. Wenn ich etwas nicht sein möchte dann ist es konform. Nein ich bin jetzt nicht auf Krawall gebürstet. Okay – vielleicht ein wenig.

Aus meiner Sicht behandelt die BAST in ihrer Studie das Thema des Unfallaufkommens bei Motorrädern sehr sachlich, wenn auch der abschließende Tenor der erforderlichen speziellen Mobilitätsstudien auf Grund der heterogenen Nutzerstruktur bei mir für Schmunzeln sorgte.

Ansonsten ist diese Studie sehr strukturiert aufgebaut und anhand der Datenbestände schlüssig nachvollziehbar. Wie z. B. die Feststellung, dass die Hälfte der jährlichen Kilometerleistung in den drei Sommermonaten erbracht wird. Das ca. 70 % der zurückgelegten Kilometer dem Freizeitgedanken folgen usw.

Aus dieser Erhebung resultiert letztendlich das Faktum, dass wir Motorradfahrer*innen ein 4,3-fach höheres Unfallrisiko haben, unsere Verunglücktenrate um das 7-fache über dem Gesamtwert aller sonstigen Kfz liegt und die Gefahr als Motorradfahrer*in bei einem Unfall getötet zu werden etwa 13-mal höher ist als im Durchschnitt aller Kfz-Nutzer.

Warum beiße ich mich jetzt derart an dieser BAST-Studie fest?

Weil ein Redakteur des SPIEGEL mit Namen Guido Kleinhubbert am 12.12.2020 einen Artikel veröffentlicht hat, der sich in einer, für den SPIEGEL untypischen, Art und Weise mit dem Thema Motorräder und dem Fahrverhalten der Nutzer befasst.

https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/motorradfahrer-eine-neue-studie-belegt-dass-biker-zum-rasen-neigen-a-03e2da5b-b7d6-4351-b0a1-cdc6540c1373

In seinem Artikel bezieht sich dieser Journalist des SPIEGEL auf eine Studie der Unfallforschung der Versicherer (UdV) und zitiert dabei oftmals den Leiter der Unfallforschung Herrn Siegfried Brockmann, einen ausgewiesenen Fachmann in Sachen Unfällen und nicht von ungefähr Leiter dieser UdV.

Wie das so oft vorkommt bei Zitaten finden wir auch hier im Artikel dieses Journalisten Zeilen, die komplett aus dem Zusammenhang ihres Ursprungs herausgerissen sind.

Dahingehend möchte ich anmerken, dass das Gros der Zitate aus einem Bericht der UdV vom 31.07.2019 ist. Hier ging es eigentlich inhaltlich um das Todesrisiko beim Motorradfahren und dem abschließenden Hinweis, dass jenseits einer Geschwindigkeit von 25 km/h UND einem Aufprall auf ein Hindernis, Schutzbekleidung mit Protektoren lebensbedrohliche Verletzungen nicht mehr verhindern kann.

Wie seiner Zeit Otto von Bismarck bei der Emser Depesche lässt der Journalist Kleinhubbert hier etwas weg und fügt dort etwas aus einer anderen Studie hinzu, um am Ende seiner Ausführungen dann dort anzulangen, wo er eigentlich bereits zu Beginn hin wollte.

Die ewige Verdammnis der Motorradfahrer*innen als hirnlose Raser!

Wie lautet doch so schön sein abschließendes Statement:

Biker neigen tatsächlich dazu mit dem Feuer zu spielen. Ihr Verhalten entspricht manchmal dem von irren Autofahrern, die sich nicht anschnallen, bewusst den Airbag deaktivieren und dann trotzdem zu schnell drauflos brettern.

Wenn man etwas gut, sachlich und sauber recherchiert, dann darf man, wie die BAST in ihrer Studie, abschließend zu einem Schluss kommen. Dies auch dann, wenn abschließend formuliert wird, dass die Ursachen für das höhere Unfallbeteiligungsrisiko auch im Fehlverhalten der Motorradfahrer selbst liegt. Wenn WIR ehrlich zu uns sind, dann wissen wir das auch selbst. Denn wir sind, wie anfangs festgestellt, heterogen und als solches nicht angepasst, andersartig und uneinheitlich. Der Eine weiß eben, dass er an dieser oder jener Stelle zu schnell ist und der Andere eben nicht.

Das Geschreibsel des Herrn Guido Kleinhubbert hingegen ist auf dem Niveau der BILDzeitung und als solches des SPIEGELS unwürdig. Schade, dass hier keiner der Verantwortlichen vor der Veröffentlichung einmal einen Blick darauf geworfen hat und man von einer derartigen plakativen Berichterstattung abgesehen hat.

Oftmals ist es hilfreich einen Blick in den Spiegel zu werfen. In diesen SPIEGEL diesmal nicht.